Ein Familienbetrieb seit 125 Jahren in der fünften Generation, das ist etwas Besonderes, denn so alt ist das Friseurgeschäft Scharrer schon. Im Jahre 1899 kaufte Johann Friedrich Deinzer dieses Haus im Unteren Markt und ließ sich als approbierter Bader nieder. Nebenbei eröffnete er 1906 mit dem Rotgerber Wiesend eine kleine Limonadenfabrik, die er später jedoch alleine weiterführte. Sein Sohn Wilhelm Deinzer wurde – wie konnte es anders sein – ebenfalls approbierter Bader. 

So ein Bader hatte viele Aufgaben. Zunächst war er Zahnarzt und Friseur, dann aber auch Wunddoktor und – falls es schon zu spät war – Leichenbeschauer.  Er schröpfte die Menschen, riss ihnen die Zähne aus, spülte ihre Ohren aus und verband sie bei schweren Verletzungen. Früher gab es keinen Rasierapparat, so dass sich die Königsteiner Männer nie selber rasierten. So gingen sie jeden Mittwoch und Samstag zum Deinzer-Boder, der ihre Dreitagesbärte entfernte. Die Stammkunden besaßen sogar eine nummerierte Rasierschale. 

Manchmal kam Willi Deinzer auch ins Haus. Sogar in Edelsfeld hatte er Kundschaft, zu der er dann auf seinem Fahrrad mit dem Baderkoffer fuhr. Bezahlt wurde allerdings nicht sogleich, sondern monateweise.

Kam man ins Friseurgeschäft, hörte man nicht nur das Geräusch der Limonadenabfüllanlage, sondern roch auch den verführerischen Duft der köstlichen Limonaden, die damals noch etwas ganz besonderes waren. Auguste, die Schwester von Willi half im Friseurgeschäft mit, ondulierte und frisierte vor allem die Frauen. 

Auch die Limonadenfabrik führte Willi weiter. Er lieferte mit einem Dreiradauto von Engenthal über das Forsthaus Rinnenbrunn bis Kürmreuth und Sigras.

1974 übernahm Willi`s Tochter Helga Scholz das Geschäft, in dem ihr Vater aber weiter die Männer bediente, während sie für die Frauen zuständig war. Die Limonadenfabrik wurde von Schwiegersohn Hans Scholz sogar bis 1996 noch betrieben.

Bis zu seinem Tod im Jahre 1994 war Willi Deinzer noch als Herrenfriseur  tätig, obwohl da bereits Enkelin Monika Scharrer das Geschäft übernommen hatte. Deren Tochter Corinna ist ebenfalls wieder Friseurin geworden und wird einmal in der fünften Generation die zukünftige Chefin werden. 

Heidi Kurz